Jetzt soll es also eine Suchmaschine werden. Was im vergangenen Sommer großspurig als „Bundeszentrale für digitale Aufklärung“ angekündigt war, schmilzt schneller zusammen, als geneigte Beobachter:innen das Wort „Digitalkompetenz“ sagen können. Von den ursprünglichen Plänen der bärschen Initiative ist beinahe nichts mehr übrig geblieben.
Keine Erklärvideos der verschiedenen Ressorts der Bundesregierung zu digitalen Themen, keine „digitale Volkshochschule“, wie Dorothee Bär die geplante Wissensplattform bei der Auftaktveranstaltung im vergangenen Jahr bezeichnete. Und noch nicht einmal Digitalbotschafter:innen, die im Auftrag der Bundesregierung den ländlichen Raum mit den Segnungen der Digitalisierung beglücken.
Nicht erst die Erfahrungen der Corona-Pandemie, in der viele Menschen mit der Misere der Online-Bildung und Desinformation in sozialen Netzwerken zu kämpfen hatten, zeigen, wie bitter nötig eine koordinierte, digitale Bildungsinitiative wäre. Online verbreitete Verschwörungsmythen zu Impfungen, Hasskommentare und Cybermobbing, Ransomware-Attacken, die menschliche Schwachstellen ausnutzen und Schadsoftware in E-Mail-Anhängen verstecken, sind nur einige Punkte, wo es hapert. Dazu die ständig wachsende Gefahr, vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen zu sein, wenn man digitale Angebote nicht nutzen möchte.
Schwer auffindbare Suchmaschine
Auch die Politik selbst könnte Nachhilfe in Sachen Digitalisierung vertragen: digitale Angebote, über die wahllos eine Prise Blockchain gestreut wird, fehlendes Bewusstsein für die Relevanz von IT-Sicherheit, die ständigen Verzögerungen bei einfachsten Digital-Projekten oder die vollkommene Abwesenheit von Usability bei der Einreise-SMS sind nur einige Punkte, die aufzeigen, wie schlecht es in Sachen Digitalisierung läuft. Für eine Bundeszentrale für digitale Aufklärung als zentrale Koordinierungsstelle für Medien- und Digitalbildung gäbe es also mehr als genug zu tun.
Doch von der ambitionierten Initiative ist nicht mehr viel übrig geblieben. Im Mai betonte Staatsministerin Bär gegenüber netzpolitik.org zwar noch, man habe durchaus Fortschritte gemacht. Es habe eine Podiumsdiskussion zu Fake News gegeben, ein Expert:innengespräch zur digitalen Bildungstransformation und eine Veranstaltung zur Lehrerausbildung. Außerdem den Podcast „Bär on Air“, in dem Dorothee Bär mit Expert:innen über Themen der digitalen Transformation spricht.
All das geschieht aber mittlerweile schon nicht mehr unter dem Begriff „Bundeszentrale“. Stattdessen bietet Bär jetzt das „Netzwerk für digitale Aufklärung“, deren neuester Bestandteil die „intelligente Suchmaschine“ auf der Homepage der Bundesregierung ist. Mithilfe von „Künstlicher Intelligenz“ sollen Inhalte auf den Webseiten der Regierung zusammengetragen und verschlagwortet werden, sodass sie für alle Interessierten zentral in der Suchmaschine gebündelt zu finden sind.
Leider ist die Suchmaschine selbst schwer zu finden. Auf der Startseite von bundesregierung.de scrollt man eine ganze Weile, bis man auf die Suchmaschine stößt. Eine Google-Suche mit den Schlagwörtern „Bundesregierung Suchmaschine“ fördert in erster Linie Medienberichte zum Pilotprojekt zutage, nicht aber die Suchmaschine selbst.
Der Praxistest
Eine Suchmaschine, die selbst schwer zu finden ist, hat ihre ganz eigene Ironie. Dennoch: Ein zentraler Ort, der alle Informationen zu allen möglichen Themen aller Ressorts zusammenführt und auffindbar macht, klingt nach einer guten Idee. Machen wir den Praxistest.
„Ob Digitalisierung, Klimaschutz oder Bildung – ab sofort sind diese Themen an einem Ort gebündelt.“ So beginnt die Beschreibung der Suchmaschine auf der Webseite der Staatsministerin. Digitalisierung oder Klimaschutz sind Themen, die nicht nur bei einem Ressort angesiedelt sind. Insofern könnte es hilfreich sein, wenn die Suchmaschine alle Informationen für interessierte Bürger:innen zusammenstellt.
Wir suchen also testweise nach dem Stichwort „Umweltpolitische Digitalagenda“. Das ist eine Initiative des Bundesumweltministeriums, die dazu beitragen soll, die Digitalisierung umweltfreundlich und im Einklang mit dem Klimaschutz zu gestalten. Ein höchst brisantes und aktuelles Thema. Bärs Suchmaschine findet 48 Artikel zum Suchbegriff.
Bislang nur Ergebnisse von fünf Institutionen
Der erste Eintrag aus dem Jahr 2014 befasst sich mit Indiens umweltpolitischen Herausforderungen und stammt von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Das zweite Ergebnis, ebenfalls von der bpb, und ist noch älter. Es stammt aus dem Jahr 2008 und der Artikel heißt „Umweltpolitische Herausforderungen.“
Keine Infos zur 2019 ins Leben gerufenen Initiative des Umweltministeriums. Der Grund dafür ist schnell gefunden. Das Umweltministerium macht noch gar nicht mit bei der zentralen, umfassenden Suchmaschine des Netzwerks für digitale Aufklärung. Bislang dabei sind nur das Auswärtige Amt, das Verkehrsministerium, das Arbeitsministerium, das Bundespresseamt und die Bundeszentrale für politische Bildung.
Dabei sollte die Suchmaschine doch gerade bei den Themen helfen, die ressortübergreifend verhandelt werden und bei denen für Laien nicht gleich auf den ersten Blick ersichtlich ist, welches Ministerium oder welche Behörde zuständig ist. Für eine klimaverträgliche Digitalisierung zu sorgen, könnte beispielsweise neben dem Umweltministerium auch Aufgabe des Wirtschaftsministeriums, des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur oder der Staatsministerin für Digitalisierung sein.
Klassische Suchfunktion schlägt „intelligente Suchmaschine“
Eine Suchanfrage über die klassische Suchfunktion der Homepage der Bundesregierung spuckt zu den Schlagworten „Umweltpolitische Digitalagenda“ nur sieben Ergebnisse aus. Die führen dafür aber auch direkt zum Projekt des Umweltministeriums und verwandten Initiativen anderer Stellen.
Vielleicht ist es auch nicht fair, das augenscheinlich noch unfertige Projekt anhand eines Schlagworts des noch nicht beteiligten Umweltministeriums zu bewerten. Also ein neuer Versuch. Diesmal: Breitbandausbau.
Das Thema ist in erster Linie beim Verkehrsministerium angesiedelt, das beim Netzwerk für digitale Aufklärung schon mitmacht. 63 Artikel findet die Suchmaschine. Die beiden prominentesten Ergebnisse stammen beide vom Bundespresseamt und sind aus den Jahren 2016 und 2015. Also aus einer Zeit, in der der Verkehrsminister noch Alexander Dobrindt hieß.
Aktuelle Berichte versteckt auf Seite 5
Die Beiträge des Verkehrsministeriums werden samt und sonders ohne Datum in die Ergebnisliste gespült, sodass man sich nach und nach durch die Beiträge klicken muss, um herauszufinden, welche noch aktuell sind. Interessante Ergebnisse zum aktuellen Stand des Breitbandausbaus, beispielsweise zur Reform des Telekommunikationsgesetzes aus dem April, finden sich auf Seite fünf der Suchergebnisse, gut versteckt zwischen für das Thema Breitbandausbau völlig irrelevanten Inhalten des Bundespresseamts, wie einer Regierungserklärung der Kanzlerin aus dem Jahr 2016, die das Thema ganz sachte touchiert, oder einem Jahresbericht der Bundesregierung zum Thema „Ländlicher Raum, Landwirtschaft und Tierschutz“ von 2015/16.
Eine Suchmaschine als abgespeckte Version einer Bundeszentrale, die völlig irrelevante Ergebnisse liefert, an manchen Stellen nicht mal mit der Suchfunktion der Homepage mithalten kann und überdies noch schwer zu finden ist: Die Staatsministerin täte gut daran, mit der PR für ihre Initiativen kleinere Brötchen zu backen. Ein solches Projekt als Erfolg zu verkaufen, ist fast ein Hohn gegenüber Menschen und Organisationen, die sich um wirkliche digitale Bildung, Transparenz und Wissensvermittlung bemühen und verdient machen.
„Eine Suchmaschine, die selbst schwer zu finden ist, hat ihre ganz eigene Ironie. Dennoch: Ein zentraler Ort, der alle Informationen zu allen möglichen Themen aller Ressorts zusammenführt und auffindbar macht, klingt nach einer guten Idee. Machen wir den Praxistest.
testweise nach dem Stichwort „Umweltpolitische Digitalagenda“
Der Grund dafür ist schnell gefunden. Das Umweltministerium macht noch gar nicht mit“
@Jana:
Du machst hier etwas, was sich ganz schnell zu einem Bumerang entwickeln kann.
Das und was diese „Pseudosuchmaschine“ aktuell bietet, wurde klar kommuniziert. Auch wie der Ausbaustand ist und wer – derzeit – mitmacht.
Man mag über das – nennen wir es „magere“ – Ergebnis entrüstet sein.
Aber etwas zu probieren und sich dahin gehend zu echauffieren, was klar dargestellt nicht geht(!), ist nicht nachvollziehbar.
Wer ein Angebot als „zentral“ und „auf einen Blick“ bezeichnet, während es das eindeutig noch nicht ist, kommuniziert für mich eben nicht klar, was schon geht und was nicht, sondern macht PR mit einem Angebot, was so noch nicht existiert.
Der Artikel ist übrigens explizit als Kommentar gekennzeichnet. Ich fand es durchaus interessant und relevant, wie Jana vorgegangen ist, um die PR-Meldung zu überprüfen. Dazu gehört auch, enttäuschte Erwartungen zu beschreiben. Das macht die Kritik ja erst richtig nachvollziehbar.
In der Tat wäre eine Nummer kleiner eine Option für die Kommunikation gewesen, wenn auch das längerfristige Ziel mit als solches zu bewerben, keine Dumme Sache ist.
Vielleicht manifestiert sich hier einer der Gründe, warum Werbung allgemein so wenig effektiv reguliert wird.
Man hätte da auch auf das dezentrale p2p OpenSource Suchprojekt Yacy setzen können. Das bringt mittlerweile durchaus ganz gute Suchergebnisse und erlaubt auch die Indexierung sehr großer Datenbestände und vor allem vielfältiger Dokumenten Formate.
Leicht zu finden über BuReg.de
Die Kritik an der Einreise SMS hat offenbar gefruchtet, zumindest setzt die Seite keine Cookies mehr, und verzichtet auf den Disclaimer, und bietet gleich zum Aufruf eine englische Fassung an.
Hätten die mal fünf Blockchains genommen. 🤔
Kann man in der Suche Ressorts ausgrenzen oder voraussetzen und z.B. Werbeartikel ausblenden?
„Für eine Bundeszentrale für digitale Aufklärung als zentrale Koordinierungsstelle für Medien- und Digitalbildung gäbe es also mehr als genug zu tun.“
Zuviel Bürokratie mit noch mehr Bürokratie bekämpfen? Das ist der in Deutschland beliebte Ansatz, aber es ist der falsche. :-)
Das Problem ist nicht „zuviel“ Buerokratie, die oeffentliche Verwaltung ist massiv ausgeduennt und die mangelnde Leistungsfaehigkeit fuer Buerger und Gesellschaft nachteilig spuerbar.
Das Problem sind Planung, Priorisierung und Koordination sowie die Schaffung eines allgemeinen Rahmens, in dem dann lokale Dinge getan werden koennen und muessen. Dazu braucht man Strukturen und Kompetenzen, und die realisiert man mit kritischer Masse oder sinnlos.
Die Inkompetenz der Bayerischen Staatsregierung und der Staatsministerien auf dem Gebiet der digitalen Medien ist evident und bedarf keiner Erklärung. Ich kenne das von meiner Arbeit mit bayerischen Behörden zur Genüge. Da werden Projekte in die Wege geleitet, die sich schön anhören, in der Umsetzung jedoch reine Rohrkrepierer sind. Warum überlässt Frau Bär die Sache nicht der freien Wirtschaft? Oder muss hier ein Posten für eigenen politischen Anhang geschaffen werden?
Das ist die Chance für eine Suchmaschine für relevantes mit Staat. Das gehört eigentlich in neutrale oder Staatshand. Nicht jedoch in die Hand der privaten Wirtschaft. (Dienstleister ist denkbar, aber das Maß an Überprüfung müsste eigentlich so groß sein, dass es zumindest von Überwachung her keinen Unterschied macht.)
Eingendarstellungsartikel sollten eine eigene Kategorie haben und nicht in der Standardsuche erscheinen (Müll).
Was macht denn Bürger, da wo bei einer Bestellung ein Zettel vom Hauptzollamt drinnenliegt. 1. Nicht verstehen was das aussagt, es ist nämlich kein echtes Deutsch. 2. Nicht finden wo man bezahlen könnte, falls man es denn sollte. Muss man da erst vor dem EUGH etwas lockerklagen??
Weil man hoheitliche und grundlegende Aufgaben des Staates unter demokratischer Kontrolle und nicht privat/gewinngetrieben realisiert. Ist das eine Scherzfrage?